Empirische Untersuchungen über computerbasierte Farbauswahlsysteme

Diplomarbeit von Jana Blume

Aufgabenstellung

Im Rahmen der Diplomarbeit werden mehrere Farbeditoren als Java-Applet implementiert. Diese Editoren werden auf der Grundlage eines Benutzertests verglichen und beurteilt, so daß konzeptionell ein für den Benutzer intuitiveres Farbauswahlsystem entworfen werden kann.

Ziel der Arbeit

Die grundlegende Problematik besteht darin, eine angemessene Darstellung eines dreidimensionalen Farbraums auf einem zweidimensionalen Monitor zu finden. Angemessen meint hier zum einen eine vollständige Darstellung des Farbraumes (alle Farben müssen auswählbar sein) und zum anderen eine für den Benutzer intuitiv verständliche und handhabbare (es können genau die Farben ausgewählt werden, die man auswählen möchte und zwar in einer akzeptablen Zeit).

 

Abstract (eingereicht für: CIM'98 - Colour Imaging in Multimedia)

Nearly every modern authoring software has some colour specification component. These colour-editors differ essentially from one system to the other. Our empirical study is based on the assumption that the usefulness of colour-editors with different underlying concepts varies among individual users and user groups. Non experienced users need different concepts and tools for the specification of a colour than expert users. In order to verify our assumption we did an empirical study with three different colour-editor concepts. The first colour-editor is based on the rgb (red, green, blue) colour model. The second colour-editor is based on the hsv (hue, saturation, value) colour model, and the third editor is based on a hue naming system. First results which are derived from 15 test subjects indicate that our assumption is true (the whole test series is finished by now, but not yet statistically verified). As a result of our study we will recommend which colour specification components should be provided by a colour-editor in order to fulfil requirements of novice and expert users. We will also suggest a general purpose colour-editor which represents a good compromise between complexity and ease of use for a broad user population.

A short description of the design of our empirical study

Test sample: We tested 30 users in a "within-subject" test. Expert and novice users were equally distributed. The test sample consisted of 60% male and 40% female test subjects between 20 to 40 years old.
Three colour editors were used: rgb, hsv, hns which differed in the underlying colour model and in the components for colour manipulation.
The users task: For each editor the users had to solve two sub tasks. In the first subtask a given colour was displayed. The user had to create a colour which would get as close as possible to the displayed colour. Time and distance to the perfect solution was measured. The second subtask was similar to the first one. Only the time to select a colour was limited to 30 seconds. For both subtask every 0.5 seconds the current colour was recorded in order to study how users approached a particular colour.

Realisierung

Schritt 1Implementierung unterschiedlicher Farbeditoren, wie sie zur Zeit in gebräuchlichen Systemen eingesetzt werden

Es werden mehrere Farbeditoren, die sich sowohl in der Art ihrer Benutzung, als auch in Bezug auf das zugrundeliegende Farbmodell und dessen Darstellung unterscheiden, in Java implementiert. Eine erneute Implementierung dieser Editoren wird vorgenommen, um eine einheitliche Testumgebung zu gewährleisten. Der Test sollte für alle Kandidaten an einem Monitor und auf einem System durchgeführt werden, daher ist es nicht möglich, schon existierende Farbeditoren aus unterschiedlichen Programmen einzusetzen. (Probleme würden sich auch bei der Speicherung der Testergebnisse ergeben.)

Bisher vorgesehen ist

  • ein auf dem RGB-Farbraum basierender Farbeditor, bei dem die Auswahl von Farben mit Hilfe von 3 Schiebereglern für die Werte des roten, grünen und blauen Farbanteils vorgenommen wird (Beispiel: Framemaker)
  • ein weiterer auf dem RGB-Farbraum basierender Editor. Hierbei besteht zunächst die Möglichkeit eine Grundfarbe aus 2 Paletten auszuwählen. Diese Paletten stellen die Außenfläche des HSV-Farbraumes dar. Zum einen eine Palette über Farbton und Sättigung und zum anderen eine über Farbton und Helligkeit. Eine ausgewählte Farbe kann anschließend über Regler für den Rot-, Grün- und Blauanteil verändert werden. Diese Regler besitzen wiederum jeweils eine Farbpalette. Ausgehend von einer ausgewählten Farbe, die einem Punkt im RGB-Würfel enspricht, werden die Achsen für R, G und B parallel in den Punkt verschoben und so die entsprechenden Paletten erzeugt. Eine Veränderung der Farbe, die einem Verschieben des Punktes entspricht, führt zu einer automatischen Anpassung der Paletten. Die Intuition bei dieser Form der Farbveränderung besteht darin, daß die Variation von Farben einem Mischvorgang gleicht. Der Benuter kann z. B. einer Farbe mehr rot und weniger blau hinzumischen. (Beispiel: Adope Photoshop)
  • ein auf dem HSV-Farbraum basierender Farbeditor, der durch die 6-eckige Oberfläche des Kegels, für die Festlegung von Farbton und Sättigung und zusätzlich einer Palette von Farben mit unterschiedlicher Helligkeit, bei konstantem Farbton und Sättigung repräsentiert wird (Beispiel: Systemfarben in Windows95 und OS2)
  • eventuell ein weiterer HSV-Editor, wobei jedoch die primäre Auswahl über den aufgerollten HSV-Kegel, also die Festlegung von Farbton und Helligkeit, und die endgültige Auswahl an einer Palette über die Sättigungsstufen, vorgenommen wird (Beispiel: Powerpoint, wenn eigene Farbe ausgewählt wird, die mit 'Anpassen' anstelle von 'Standart' verändert wird.)
  • eventuell ein HSV-Editor bei dem die Auswahl wie beim RGB-Editor über Schieberegler vorgenommen wird. Ziel ist es dabei, einen Vergleich unabhängig von der Darstellung des Farbmodells und den Benutzungselementen zu erhalten (Beispiel: Framemaker)
  • ein Editor, der auf dem CIE-Luv Modell basiert. Eine primäre Auswahl der Farben wird dabei mit dem HSV-System oder über ein Farbbenennungssystem vorgenommen. Ausgehend von dieser Auswahl wird mit dem CIE-Modell eine Palette über die Helligkeitsstufen und Farbtöne erstellt, mit der dann die endgültige Festlegung der Farbe erfolgt. Anhand dieses Editors soll in erster Linie die Qualität des CIE-Modells für ein Farbauswahlsystem getestet werden. Ein existierendes Beispiel eines Farbeditors, der auf diesem Modell basiert, ist mir nicht bekannt.

Schritt 2: Entwicklung eines Aufgaben- und Fragenkataloges

Zum Entwurf der Testaufgaben und -fragen muß zunächst ermittelt werden welche Anforderungen in der Praxis an einen Farbeditor gestellt werden. D.h. zum einen welche Aufgaben mit einem solchen Editor bearbeitet werden und zum anderen welche Komponenten ein Editor nach Auffassung der Benutzer haben sollte. Um diese Anforderungen zu ermitteln, wird eine Umfrage bei ca. 10 möglichen Benutzern durchgeführt. (Siehe Anforderungsermittlung)

Die Qualität, die ein Farbeditor bei der Benutzung aufweist wird von unterschiedlichen Komponenten beeinflusst. Demzufolge sind Aufgaben und Fragen zu folgenden Bereichen vorstellbar:

Allgemeine Fragen

  • Fragen bezüglich Vorkenntnissen über Farbmodelle
    z.B.: Was bedeuten RGB und HSV? Wie setzt sich eine Farbe am Bildschirm zusammen?
  • Fragen bezüglich der bisherigen Verwendung von Farbeditoren
    z.B.: Mit welchem Editor wurde gearbeitet? Wie häufig? Waren die Ergebnisse zufriedenstellend? Was hat gestört? ...

Aufbau: Die Beantwortung der Fragen soll entweder durch Auswahl einer Kategorie, z.B. "Ich habe keine Vorstellung.", "Ich habe eine ungefähre Vorstellung." oder "Ich habe eine genaue Vorstellung.", oder durch Auswahl einer Antwort aus mehreren Vorschlägen, erfolgen.
Ziel: Es soll gewährleistet werden, daß innnerhalb einer Testgruppe annähernd gleiche Vorraussetzungen existieren. Außerdem können durch die Ergebnisse eventuell Anhaltspunkte für den Detailierungsgrad von Erläuterungen und Erklärungen, die ein Editor haben sollte, gewonnen werden. Sollte ein Kritiksystem hinzugefügt werden, so können diese Informationen dort ebenfalls einfließen.

Aufgaben, die mit den Editoren gelöst werden

Die hier gestellten Aufgaben sollen zum einen quantifizierbare Ergebnisse liefern, indem z.B. die Zeit oder die Genauigkeit bei der Farberzeugung gemessen wird. Auf der anderen Seite sollen nach der Arbeit mit dem Editor seine Vor- und Nachteile subjektiv beurteilt werden.

Es wird eine Farbe vorgegeben, die während sie sichtbar ist, mit dem Editor erzeugt werden soll. Diese Aufgabe wird zweimal ausgeführt.
Im ersten Fall ist die Zeit variabel und die Problemstellung lautet, die gegebene Farbe möglichst genau zu reproduzieren. Gemessen wird dabei die verwendete Zeit bis zu einem zufriedenstellenden Ergebnis.
Im zweiten Fall wird die Zeit konstant festgelegt und gemessen wird wie nah die erzeugte Farbe an die Vorgabe herangekommen ist. (Berechnung der Genauigkeit im CIE-Luv und HSV-Modell.)

  1. Die gleiche Aufgabe wie oben könnte noch einmal gestellt werden, nur daß die Farbe nach einem kurzem Einblenden nicht mehr sichtbar ist. Dadurch würde die Zeitkomponente wichtiger, da die Erinnerung an eine Farbe mit der Zeit verblaßt.
    Die ersten beiden Aufgaben sollen zeigen, wie gut ein Editor geeignet ist eine bestimmte Farbe nachzubilden. Wie aus der Aunforderungsermittlung ersichtlich ist, werden Farben aus der Vorstellung heraus erzeugt. D.h. der Benutzer hat ein Bild von der Farbe im "Kopf" und versucht diese nun zu erzeugen. Die gestellten Aufgaben stellen daher sogar eine Vereinfachung dar, da es sicherlich einfacher ist eine Farbe die man sieht nachzubilden, als eine von der man nur weiß, wie sie aussehen soll.
  2. Es soll z.B. eine kräftiges Orange/helles Braun/... erzeugt werden. Gemessen wird die eventuell auch die benötigte Zeit bis zu einem zufriedenstellenden Ergebnis.
  3. Es wird z.B. ein gesättigtes, helles Rot vorgegeben und die Aufgabe lautet diese Farbe dunkler oder pasteller zu machen. Wieder geht es um die individuelle Zufriedenheit.
  4. Es sollen Farben gestaltet werden, die nur durch bestimmte Attribute beschrieben werden. Z.B. "Stelle eine kalte Farbe dar, stelle eine Farbe dar, die für große Flächen angenehm ist, ..".
    Auch wenn bei den Aufgaben 3 bis 5 die Zeit bis zu einem akzeptablen Ergebnis gemessen werden kann, so dienen sie in erster Linie dazu später die individuelle Zufriedenheit des Benutzers zu ermitteln.
  5. Eine weitere Aufgabe könnte darauf abzielen, gängige Attribute zur Beschreibung von Farbe zu ermitteln. Dabei soll der Benutzer die Manipulation einer Farbe, also den Weg von einer Ausgangs- zu einer Zielfarbe hin, verbal beschreiben. Die Aufgabe besteht nicht darin, einen Editor selbst zu bedienen, sondern mit Vokabeln, wie heller, matter, mehr weiß usw. den Veränderungsvorgang zu beschreiben. Die Bedienung des Editors selbst wird vom Leiter des Tests, für den Kandidaten unsichtbar vorgenommen. Die auf diese Weise ermittelten Attribute zur Farbbeschreibung könnten als Weiterführung der Arbeit in einen neuen Farbeditor integriert werden. Vorstellbar wäre hier zum einen ein adaptiver Editor, der genau die vom jeweiligen Benutzer gebrauchten Attribute verwendet und zum anderen ein Editor, der mit den ststistisch am häufigsten verwendeten Wörtern arbeitet. In beiden Fällen könnte gefolgt von einer Vorabauswahl, die weitere Veränderung einer Farbe über Schiebergeler erfolgen, die die ermittelten Attribute verwenden.

Fragen zu den Farbeditoren im Test

Hierbei geht es um das subjektive Empfinden des Benutzers. Zur Auswertung der Ergebnisse soll eine Faktorenanalyse verwendet werden. Dabei beurteilt jeder Benutzer jeden Editor in Bezug auf eine Reihe von Fragestellungen (Variablen). Die Beurteilung erfolgt auf einer Skala z.B. von 1 bis 10 und die Auswertung kann (hoffentlich) durch entsprechende Software erfolgen.

Liste möglicher Variablen:

  • individuelle Zufriedenheit mit dem Ergebnis (Farbe sieht so aus, wie sie soll)
  • ein schnelles Erzielen von akzeptablen Ergebnissen ist möglich
  • intuitives Verständis des zugrundeliegenden Farbmodells
  • Erwartungskonformität des Dialoges (wenn ich was mache, bin ich nicht überrascht über das was passiert)
  • Selbstbeschreibungsfähigkeit des Dialoges (ich verstehe das was bei einer bestimmten Eingabe passiert)
  • es existiert eine ausreichende Erklärung / Erläuterung zur Handhabung des Editors
  • der Editor besitzt eine einfache Bedienbarkeit (Oberflächenelemente wie Eingabefelder, Regler, ..)
  • die Handhabung des Editors ist gut erlernbar (wird einfacher mit zunehmendem Gebrauch)
  • es sind störende sequentielle Schritte erforderlich
  • leicht Veränderbarkeit von Farben (ich möchte, daß die farbe heller wird und kann dies einfach erreichen)
  • der Vorgang des Veränderns einer Farbe ist für den Benutzer transparent ('was' passiert, wenn ich 'was' mache)
  • die Farbdefinition /-beschreibung entspricht dem persönlichem Empfinden (durch Farbton, Sättigung, .., Name, ...).

Schritt 3: Benutzertest

Die Gruppe der zu testenden Benutzer sollte wie schon erwähnt kein Fachwissen über Farbenlehre und die Darstellung von Farben besitzen. Auf der anderen Seite sollte sie jedoch über einige Erfahrung im Umgang mit Softwaresystemen verfügen, so daß auch vor dem Test schon einmal eine farbige Graphik erzeugt und demzufolge mit einem Farbeditor gearbeitet worden ist.
Auch vorstellbar wäre ein Vergleich von zwei Benutzergruppen (Novice-Expert).

[Schritt 4: Implementierung eines "neuen" Farbeditors

Ausgehend von den Erkenntnissen, die in Schritt 3 gewonnen wurden, werden die positiven Komponenten der betrachteten Editoren aufgegriffen und zu einem neuen Editor kombiniert. Dieser Farbeditor kann in der Funktionalität dahingehend erweitert werden, daß nicht nur Farben für die Visualisierung nominaler und ordinaler Daten erzeugt werden können, sondern daß zusätzlich die Option besteht, Farbpaletten für die Darstellung quantitativer Daten zu erstellen.
Dies ist eine Option, jedoch zunächst nicht Inhalt.]


[Schritt 5: Erweiterung des Editors um ein Kritiksystem mit einer benutzerabhängigen Komponente

Es wäre vorstellbar den Editor an eine Benutzerdatenbank und an ein Expertensystem mit Regeln für eine bessere Farbauswahl anzubinden. Hierbei enthielte die Benutzerdatenbank zum Beispiel Informationen über Farbsehschwächen des Anwenders oder über besonders gut/schlecht unterscheidbare Bereiche des Farbraums. Das Expertensystem bestände aus einer Regelmenge über allgemeine Richtlinien beim Einsatz von Farben, sowie aus Regeln bezüglich der Farbverwendung in einem speziellen Anwendungskontext.
Wird sich wahrscheinlich im Paragraph Ausblick niederschlagen.]

Links

Anforderungsermittlung

Für weitere Informationen bitte E-Mail an jana@uni-paderborn.de.