Die Vision ist bekannt: optimale Verkehrsbedingungen, keine Unfälle, keine Staus – und das ohne das lästige Zutun des Autofahrers. Der digitale Austausch von Informationen zwischen Fahrzeugen – und von Fahrzeugen mit ihrer Umgebung – soll es möglich machen. Alles mit dem Ziel, Komfort, Effizienz und Sicherheit deutlich zu steigern. Steckte die Technologie bisher noch in den Kinderschuhen, wird sie heute konkreter und notwendiger denn je. Autonomes Fahren ist bereits Realität, das Auto wird immer mehr zu einer rollenden Sensorplattform. Kommunikationswege zwischen den eigenständig agierenden Vehikeln müssen her, damit die Vision vom flüssigen, sicheren Verkehr Wirklichkeit werden kann. Hier setzt die Arbeit von Jun.-Prof. Dr.-Ing. Christoph Sommer vom Heinz Nixdorf Institut an: Seit Oktober 2017 ist der Informatiker Leiter der Fachgruppe „Kooperative Fahrzeugsysteme“ an der Universität Paderborn und beschäftigt sich mit dem intelligenten Verkehr der Zukunft.
Das vernetzte Auto: Verschiedene Technologien konkurrieren miteinander
„Aktuelle computergesteuerte Fahrzeuge sind noch nicht in der Lage, vernünftig miteinander zu kommunizieren und dabei auch die Infrastruktur, sprich die Gegenstände in der Umgebung, in ihre Kommunikation miteinzubeziehen“, erklärt Sommer. „Um unser Ziel zu erreichen, müssen Fahrzeuge ihre Handlungen und zumindest mittelfristige Pläne im Bruchteil einer Sekunde aufeinander abstimmen können.“
Ein reibungsloses Fahrmanöver verlangt den Assistenzsystemen einiges ab: Situationen müssen nicht nur beobachtet und bewertet, sondern insbesondere auch Informationen ausgetauscht und Aktivitäten koordiniert werden. Und das in Echtzeit, damit solche Systeme überhaupt funktionieren können. „Das geht weit über das Connected Car hinaus“, sagt der Experte und bezieht sich dabei auf ein mit Internetzugang ausgestattetes Fahrzeug.
Möglich wird diese Art der Abstimmung zwischen Fahrzeugen über drahtlose Netzwerke wie zum Beispiel WLAN, Mobilfunk oder aber durch sichtbares Licht. Dazu Sommer: „WLAN ist verhältnismäßig günstig, unabhängig von der Infrastruktur und leicht in den Fahrzeugen zu implementieren, aber nicht für alle Anwendungen geeignet. Mobilfunk läuft über Funkmasten. Das Problem: Gute Netzqualität ist nicht überall verfügbar, Stichwort Funkloch. Ohne Funkmast ist das System noch schnell überfordert. Es kommt also auf eine clevere Kombination aller Technologien an.“
An der vorhandenen Hardware im Auto mangelt es jedenfalls nicht: Seit April dieses Jahres muss jeder Neuwagen über „eCall“ verfügen. Das Notrufsystem fordert mittels integrierter Mobilfunkkarte – unabhängig vom Anbieter – bei einem Unfall automatisch Hilfe an. Auch WLAN gehört für einige Hersteller bereits zum Standard. Die Erforschung von Kommunikation zwischen Fahrzeugen mit sichtbarem Licht steht dagegen noch am Anfang. Um die Entwicklung voranzutreiben, kooperiert Sommer mit Experten für automobile Lichttechnik der Firma Hella.
Datenübertragung: Zeit ist Leben
Von zentraler Bedeutung – und im Fall der Fälle lebensrettend – ist die Geschwindigkeit der Datenübertragung. Hindernisse, wie nach einer uneinsehbaren Kurve liegengebliebene Fahrzeuge oder auf die Straße laufende Kinder, müssen so schnell wie möglich erkannt und deren Bewältigung in sinnvolle Handlungen umgesetzt werden. „Das geht nur durch Berechnung direkt im Auto – neuhochdeutsch Mobile Edge Computing“, so Sommer. Dadurch verringert sich auch die auszutauschende Datenmenge und die Privatsphäre wird stärker geschützt.
„Es gibt schon lange reservierte Frequenzen, die europaweit – teils auch mit den USA – harmonisiert sind und ausschließlich für intelligentes Fahren genutzt werden sollen“. Welche Funktechnologie auf diesen Frequenzen allerdings genutzt wird, ist bislang noch umstritten. Unklar ist auch, welcher Technologiemix am geeignetsten für verschiedene Anwendungsfälle ist. Daher untersucht der Informatiker verschiedene Ansätze. Sommer arbeitet u. a. mit realitätsgetreuen Verkehrssimulationen ganzer Städte, die er gemeinsam mit seinem Team anfertigt. Auch Kartenmaterial für Paderborn, das in Zusammenarbeit mit der Stadt erstellt wurde, gibt es bereits. Die Daten stammen aus Messungen von Verkehrsaktivitäten, Verkehrszyklen und Ampelphasen.
Fest steht: Die drahtlose Kommunikation zwischen Autos und Umwelt kommt ins Rollen. In Zukunft wird das neben Fahrzeugen aller Art – vom Elektroauto bis zur Lieferdrohne – auch die Entwicklungen in Sachen Smart Cities betreffen.