Entwicklung einer virtuellen Umgebung zur räumlichen Orientierung für den Geometrieunterricht in der Primarstufe

Diplomarbeit von Ralf Stodiek

Hintergrund

Es soll eine virtuelle Umgebung für den Geometrieuntericht in der Primarstufe entwickelt werden. Diese soll helfen, Kindern geometrische Inhalte und Begriffe zu vermitteln, sowie Möglichkeiten zur Förderung des räumlichen Vorstellungsvermögen bieten. Sie soll in erster Linie dem Betrachter neue Sichtweisen einer Szene erlauben, welche physikalische Gesetzmäßigkeiten überschreiten können und oftmals nicht oder nur mit großem Aufwand in der Realität zu erzeugen sind. Die erstellte Umgebung wird nach empirischen Voruntersuchungen erprobt.

Aufgabenstellung

In dieser Arbeit sollen nun 3D-Welten auf dem PC in Zusammenarbeit mit dem Fachgebiet Didaktik der Mathemathik modelliert werden. Die Realisierung erfolgt somit auf der Grundlage inhaltlicher Vorgaben aus der Mathemathikdidaktik. Neben der Modellierung wird besonderer Wert auf die Umsetzung von verschiedenen Interaktionsmöglichkeiten gelegt.

VRML 2.0: Modellierung der Stadt und Interaktion

Anfänglich ging des um die Modellierung einfacher Häuser und Teile der Kirche von Hand, um die Sprache VRML 2.0 besser kennenzulernen. Um effizient eine ganze Stadt zu entwerfen bedarf es jedoch eines geeigneten 3D-Modellers, der den VRML 2.0 Sprachsatz unterstützt. Ein sehr mächtiger Editor ist das von Silicon Graphics entwickelte Cosmoworlds, das auch bei jedem SGI-Rechner zur freien Verfügung steht. Wichtige Features sind hier die Bereitstellung von Primitiven wie Kugel, Cylinder, Box und Kegel. Ein Draw-Editor erlaubt das Erstellen von Linienzügen, Flächen und komplexeren Polyedern. Der Extrusion- Editor ermöglicht die Modellierung von dreieckigen bzw. cylindrischen Röhren (z.B. zur Modellierung von Vasen oder Säulen), Torus- Formen oder komplexeren Splines durch Definition von Verbindungspunkten auf einem Gitter. Zur Komposition der Objekte stehen verschieden Ansichten der Szene (Seitenriß, Aufriß, Grundriß) zur Verfügung. Desweiteren können Lichtquellen (gerichtetes Licht, Punktlichtquelle und Spotlight) beliebig in die Szene eingefügt werden.

Hard- und Softwareanforderungen:


Der Vorteil, der durch die Wahl von VRML entsteht, ist die Plattformunabhängigkeit, da in der neueren Version von Netscape (Netscape Communicator bzw. Netscape 3.01S für SGI) der Cosmoplayer 1.0 installiert ist, der das VRML-Plugin darstellt. So ist die Software auf jedem gängigen PC (486 aufwärts) funktionsfähig, was einen kostengünstigen Einsatz in Schulen ermöglicht.

Die virtuelle Stadt und der Bezug zum Geometrieunterricht der Primarstufe

Möglichkeiten der Software

Kinder im Alter von 8 -10 Jahren (3./4. Schuljahr) sollen mit Hilfe der Interaktionsmöglichkeiten frei durch die Stadt gehen können, wie es auch in der Realität möglich ist- durch einfache Bewegungen wie "gehen nach rechts", "nach links", "geradeaus", "rückwärts". Aber auch die Blickrichtung kann verändert werden, so daß der Betrachter auch steil in die Höhe schauen kann.
Dabei soll aus der Perspektive des Kindes geblickt werden, was voraussetzt, daß die Stadt in Realmassen entworfen wird. Als weitere Optionen sollen aber auch weitere Ansichten der Szene erlaubt werden, wie z.B. das Überfliegen der Stadt oder der Blick vom Turm auf die Stadt.
Eine mögliche Aufgabenstellung: Einen Weg - vielleicht den kürzesten- z.B. von der Schule zur Kirche zu finden, wobei ein 2D- Plan der 3D-Stadt als Orientierungs-Hilfe dienen soll. Auf diesem 2D-Plan könnten Start- und Zielpunkt wie auch der geplante Weg eingezeichnet werden. Der Plan kann stets aufgerufen werden und soll Auskunft über den "Soll-" und "Ist-Weg" und über den derzeitigen Standpunkt des Benutzers geben.

Verknüpfung mit Zielen des Geometrieunterrichts

Ein wichtiges Ziel des Geometrieunterrichts in der Grundschule ist das Sammeln von Raumerfahrungen und -vorstellungen sowie die Orientierung im Raum (vgl. Lehrplan NW, S. 30 - 31).
Dazu kann das o.g. "Stadtspiel" einen wichtigen Beitrag leisten, denn im wesentlichen geht es hier um das Gewinnen von Lagebeziehungen im Raum und zum anderen um das Verbinden von stilisierten 2D-Draufsicht, die der Stadtplan ermöglicht, mit dem erlebten Durchlaufen durch die konkrete Stadtszene.
Desweiteren sollen Überlegungen bzgl. Anforderungen an eine nicht nur inhaltlich sondern auch unter medienpädagogischen Gesichtspunkten sinnvolle Lernsoftware Berücksichtigung finden.
Ausgehend und bezugnehmend zu den o.g. Vorhaben wird im kommenden Wintersemester

97/98 ein Seminar mit dem Thema "Räumliches Vorstellungsvermögen - Geometrieunterricht - neue Medien" angeboten, das sich an Studierende der beiden Fachrichtungen Informatik und Mathematik (Lehramt) richtet.

Für weitere Informationen bitte E-Mail an sunshine@uni-paderborn.de.